Alle Zeichen stehen auf Strom. Beispiel Porsche. Dort verkündete Oliver Blume, Chef des Stuttgarter Sportwagen-Produzenten, seine Investitionen in die E-Mobilität in den kommenden fünf Jahren auf sechs Milliarden Euro zu verdoppeln. Doch damit steht er nicht allein.
Nahezu alle Marken aus der sportlichen Champions League auf Augenhöhe von Porsche bereiten sich mit „Vollgas“ auf die Elektro-Ära von morgen vor. Seit Tesla-Chef Elon Musk vollmundig den Bau eines batteriebetriebenen Roadsters mit unglaublichen Fahrleistungen für 2020 versprochen hat, bekommen die Elektrifizierungspläne in der Traumwagen-Branche noch mehr Dynamik.
„Wir kamen bisher von rund drei Milliarden Euro. Jetzt liegen wir bei sechs Milliarden, die wir in Elektromobilität stecken“, ließ sich Vorstandschef Oliver Blume jetzt von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zitieren. Die Hälfte der Summe ist für Entwicklungsarbeiten bestimmt. Die hatten bei Porsche für den Elektroantrieb so richtig ernsthaft mit dem Projekt Mission E vor zweieinhalb Jahren begonnen. Schon damals war auf der IAA in Frankfurt die Rede von zukunftweisender Alltagstauglichkeit mittels 800-Volt-Antrieb. Die Eckdaten des rein elektrisch betriebenen Sportwagens lauteten: vier Türen und vier Einzelsitze, über 440 kW / 600 PS Systemleistung und über 500 Kilometer Reichweite. Allradantrieb und Allradlenkung, Beschleunigung in unter 3,5 Sekunden von null auf 100 km/h und eine Ladezeit von rund 15 Minuten für 80 Prozent der elektrischen Energie. Unverkennbar war die Verwandtschaft des damals präsentierten Prototyps mit dem Klassiker Porsche 911.
Inzwischen ist viel Wasser den Neckar heruntergeflossen. Im neuen Panamera verrichtet bereits die dritte Generation des Plug-in-Hybridantriebs von Porsche ihren Dienst. Jetzt aber geht es in die Vollen, will sagen: in die Vollelektrik. Dabei scheinen Aufsichtsrat und Vorstand keine Tabus zu kennen. Sogar die Porsche-Ikone 911, die Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres zur Renovierung ansteht, dürfte zumindest schrittweise unter Spannung gesetzt werden.
Das Medienunternehmen Bloomberg aus New York wollte von einen Porsche-Sprecher erfahren haben: „Die Technologie des nächsten 911-Modells wird die Integration eines elektrischen Antriebsstrangs ermöglichen.“ Das sei nach dem Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid (500 kW / 680 PS) als High-End-Version des viertürigen Coupés ein logischer Schritt und spiegele die allmähliche Umstellung der Marke auf Elektroantrieb wider. Der Plan sei zudem Teil der 20 Milliarden Euro schweren Initiative der Muttergesellschaft Volkswagen AG, elektrische Varianten aller 300 Modelle der Zwölf-Marken-Gruppe auf die Räder zu stellen.
In dieses Bild passt auch die Porsche-Zukunft im Rennsport. Nachdem sich das Unternehmen Mitte November im Wüstenstaat Bahrain nach drei Gesamtsiegen in Folge bei den 24 Stunden von Le Mans und sechs Weltmeistertiteln für den 919 Hybrid in der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft verabschiedet hatte, steuert es jetzt eine Karriere in der Formel E an. Das Porsche LMP Team wird sich 2018 auf seinen neuen Auftrag, den Einstieg in die Formel E konzentrieren. Der erfolgt wahrscheinlich zur Saison sechs, die Ende 2019 beginnt. Bis dahin wird das Team einen kompletten Antriebsstrang konzipieren, entwickeln und testen. Die ersten Schritte sind bereits in 2017 erfolgt, jetzt steht die konkrete Umsetzung des Konzeptes an. Erste Testfahrten mit dem kompletten Formel E-Rennwagen von Porsche sollen Anfang 2019 über die Piste gehen.
Längst hat die Elektrifizierungswelle auch die meisten Mitbewerber aus der höchsten Sportwagenklasse erfasst. Ausgerechnet Ferrari-Chef Sergio Marchionne, der noch vor zwei Jahren die Idee eines Elektro-Ferrari aus Maranello als „Obszönität“ bezeichnet hatte, machte jüngst während der North American International Auto Show in Detroit eine Kehrtwende. „Wenn jemand einen elektrischen Supersportwagen bauen soll, dann wird Ferrari der erste sein“, erzählte sagte Marchionne, der gleichzeitig Fiat Chrysler Automobiles führt. „Die Leute wundern sich darüber, was der Roadster leisten soll, den Tesla für 2020 angekündigt hat. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir das auch können.“ Er bezog sich dabei auf Teslas Roadster der zweiten Generation. Tesla-Chef Elon Musk hatte behauptet, dass sein zukünftiges Auto in rund zwei Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen und über 400 km/h schnell sein könne. Das würde bedeuten, dass es jedem straßentauglichen Ferrari überlegen wäre.
Weit konkreter sind im britischen Gaydon, zwei Autostunden nordwestlich von London, die Arbeiten von Aston Martin an einem Stromer. Schon im kommenden Jahr soll der auf 155 Exemplare limitierte Rapid E an ausgewählte und gleichzeitig zahlungskräftige Kunden zum Stückpreis von umgerechnet 210 000 Euro gehen. Laut Aston Martin-Chef Andy Palmer könnte er aber auch noch etwas teurer werden. Palmer ist ebenso wie sein Kollege Marchionne davon überzeugt, Tesla Paroli bieten zu können: „Wir spielen in einer ganz anderen Liga. Unsere Kunden legen vor allem Wert auf Exklusivität, Komfort und Luxus. Da kommt Tesla nicht ran.“ Die bis jetzt bekannten Daten des Rapid E sprechen für sich. Statt des Sechs-Liter-Zwölfzylindermotors wie im Rapid S (412 kW / 560 PS, 320 km/h Spitze) arbeitet im Rapid E ein Elektroaggregat, das laut Palmer zwischen 590 kW / 800 PS und 740 kW / 1000 PS leisten könnte. Die Reichweite soll über 300 Kilometer betragen.
Doch das ist noch längst nicht alles, was Aston Martin in punkto Elektrizität im Köcher hat. Auch vom SUV Aston Martin DBX, von dem Ende 2018 die ersten Prototypen fertig sein sollen, wird es meine vollelektrische Version geben. Das Auto soll dem Bentley Bentayga Konkurrenz machen, um die 220 000 Euro kosten und „das schnellste, jemals gebaute SUV“ (Palmer) sein.
Konkurrent McLaren aus dem knapp zwei Autostunden entfernten Woking schrieb Elektrizität als Treibstoff bislang klein. Zwischen 2013 und 2015 gab es zwar mit dem P1 ein erstes McLaren-Straßenfahrzeug mit Hybrid-Antrieb. Es wurde zwischen 2013 und 2015 in einer Auflage von 375 Exemplaren zum Preis von jeweils 1,1 Millionen Euro verkauft. Sein 3,8 Liter großer Bi-Turboaufgeladener V8-Benzinmotor leistete zusammen mit dem zusätzlichen Elektromotor 674 kW / 916 PS, beschleunigte das Auto von Null auf 100 km/h in 2,8 Sekunden und schaffte eine (abgeriegelte) Spitzengeschwindigkeit von 350 km/h. Danach war zunächst Schluss mit Strom. Weder die Modelle 540C oder 570 S noch der auf dem kommenden Automobilsalon in Genf vorgestellte McLaren Senna fahren mit elektrischer Unterstützung.
Doch danach soll es wieder spannungsgeladener werden. So berichtete das britische Magazin „Autocar“, dass der McLaren 570S, das Basis-Modell der Marke zum Mindestpreis von 181 750 Euro, in seiner nächsten Generation einen elektrifizierten Antriebsstrang erhalten werde. Danach sei jeder Nachfolger der aktuellen McLaren-Kernmodelle auch in einer Hybrid-Version bestellbar. McLaren-Chef Mike Flewitt kündigte an, die zukünftigen elektrifizierten Modelle würden wahrscheinlich einen aufgeladenen V-6-Motor verwenden. Zurzeit arbeiten in den britischen Sportwagen durchweg V-8-Maschinen mit Turbo-Unterstützung.
Wenn auch die Supersportwagen-Spezialisten sich mehr und mehr mit elektrischer Energie zum Antrieb auseinandersetzen – allein schon deshalb um ihren Flottenverbrauch auf ein erträgliches Maß zurückzuschrauben – bedeutet das keineswegs, dass der Verbrennungsmotor in den Hintergrund tritt. Das bestätigt auch Porsche-Chef Oliver Blume: „Wir haben viele Ideen. Einige leiten wir vom Mission E ab, aber es kann auch weitere, ganz eigenständige elektrische Fahrzeuge geben.“ Aber, so bekräftigt er, das Ende der Verbrenner sei noch nicht gekommen. „Es wird in Zukunft von Porsche weiterhin sehr puristische Sportwagen mit Verbrennungsmotoren geben“, sagt er. Auch der Diesel bleibe vorerst im Programm. ampnet/hrr
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